Haben Sie schon einmal bemerkt, dass das Lenkrad beim Geradeausfahren falsch ausgerichtet ist oder das Fahrzeug zur Seite zieht? Falls ja, könnte es sich hier durchaus um die klassischen Anzeichen von Lenkgeometrieproblemen handeln.
Lenkgeometrieprobleme treten in der Regel auf, wenn Bauteile altern und verschleißen. Aber sie können auch durch Schlaglöcher, das Befahren von Bordsteinen und ganz sicher durch einen größeren Aufprall des Fahrzeugs verursacht werden.
Lenkgeometrie, auch Radeinstelldaten genannt, ist das Verfahren zur Überprüfung von Einstellungen, die bei einer Abweichung von den Herstellerangaben gegebenenfalls auch angepasst werden müssen. Beachtet werden muss jedoch: Wenn eine Lenkgeometrieprüfung ergibt, dass eine Neuausrichtung erforderlich wäre, können nicht alle Geometriewerte eingestellt werden. Bei auffälligen Abweichungen von vordefinierten Einstellungen ist oftmals nur ein Austausch von Bauteilen möglich.
Um Sie bei Ihren Wartungs-, Instandhaltungs- und Diagnosearbeiten zu unterstützen, werfen wir im Folgenden einen Blick auf einige wesentliche Aspekte der Lenkgeometrie, zusammengestellt von den technischen Experten von Autodata.
Sturzwinkel:
1, Negativer Sturz. 2, Vertikale Mittellinie des Reifens. 3, Positiver Sturz.
Der Sturzwinkel ist die Richtung, in die sich der Vorderreifen in Bezug auf die vertikale Mittellinie des Reifens neigt. Je nach Neigung ist der Sturzwinkel entweder positiv oder negativ. Um es genauer zu erklären: Wenn man von der Vorderseite des Fahrzeugs aus beobachtet, dass sich die Oberseite des Reifens zum Motor neigt, wird dies als negativer Sturz bezeichnet. Wenn sich die Oberseite des Reifens nach außen neigt, weist das wiederum auf einen positiven Sturz hin.
Wenn die Messungen bei einer Lenkgeometrieprüfung außerhalb der vorgegebenen Toleranzen liegen und der Sturzwinkel geändert werden muss, sollten Sie nach länglichen Löchern am Federbeinturm der Radaufhängung oder an den Exzenterschrauben bzw. Unterlegscheiben suchen, mit denen die oberen und unteren Lenkhebel eigestellt werden können. Falls nicht vorhanden, ist eine Überprüfung der Radaufhängung und Lenkbauteile auf mögliche Schäden unerlässlich.
Nachlaufwinkel:
1, Negativer Nachlauf. 2, Vertikale Mittellinie des Reifens. 1, Positiver Nachlauf.
Der Nachlaufwinkel bezieht sich auf die Positionierung der Lenkachsenmittellinie in Bezug auf die vertikale Reifenmittellinie, betrachtet von der Fahrzeugseite aus. Berührt die Lenkachsenmittellinie die Fahrbahn vor der vertikalen Mittellinie des Reifens, so handelt es sich um einen positiven Nachlauf. Beim negativen Nachlauf hingegen berührt die Lenkachsenmittellinie die Fahrbahn hinter der vertikalen Mittellinie des Reifens.
Heute sind die meisten modernen Fahrzeuge mit einem positiven Nachlauf ausgestattet, der in Verbindung mit den anderen Geometriewinkeln den Lenkaufwand reduziert und es den Vorderreifen ermöglicht, sich nach einer Kurve selbst wieder auszurichten.
Um jedoch zu verhindern, dass das Fahrzeug aufgrund des Scheitelpunktes heutiger Straßen in Richtung Bordstein driftet, können die durchschnittlichen Nachlauf- und Sturzwinkel, auch Quernachlauf und -Sturz genannt, bisweilen leicht gegensätzlich von links nach rechts eingestellt werden – je nachdem, auf welcher Straßenseite das Fahrzeug gefahren wird.
Bei den meisten modernen Fahrzeugen ist der Nachlaufwinkel nicht verstellbar; es gibt jedoch Aftermarket-Nachrüstsätze, die auf die Radaufhängung zugeschnitten werden können, um eine Änderung des Nachlaufwinkels zu ermöglichen.
Spreizung des Achsschenkelbolzens (King pin inclination, KPI):
1, Spreizung des Achsschenkelbolzens
Die Spreizung des Achsschenkelbolzens (King pin inclination, KPI), auch Lenkachsenspreizung genannt, wird abhängig von der Radaufhängungsvorrichtung auf verschiedene Weise erzielt. Typischerweise wird die KPI bei der MacPherson Federbeinaufhängung durch Neigung der Federbeine erzielt. Bei der Lenkhebelradaufhängung ist der Winkel der oberen und unteren Drehgelenkachsen hingegen versetzt.
Nicht einstellbare KPIs werden bei Kollisionen oftmals nicht kontrolliert oder übersehen. Falsche KPIs, die durch abgenutzte oder beschädigte Radaufhängungskomponenten verursacht werden, führen in der Regel zu einem beschleunigten Reifenverschleiß bei schlechter Spurtreue und erhöhtem Lenkaufwand – insbesondere bei Parkmanövern.
Vorspur und Nachspur:
1, Vorspur. 2, Fahrzeug-Mittellinie. 3, Nachspur.
Vorspur und Nachspur, im Automobil-Bereich oftmals als Nachführung bezeichnet, ist die am häufigsten durchgeführte Lenkgeometriejustierung. Hierbei handelt es sich um den Winkel bei Betrachtung von vorne, in dem die Vorderkante der Vorderreifen aus der Fahrzeugmittellinie heraus- oder hineinragt. Reifen, die zur Fahrzeugmittellinie zeigen, werden als Vorspur bezeichnet, während Reifen, die von der Fahrzeugmittellinie weg zeigen, als Nachspur bezeichnet werden.
Die Gewährleistung der korrekten Vorspur- oder Nachspurmessung des Fahrzeugs bietet viele Vorteile, darunter eine verbesserte Geradeausstabilität, bessere Fahreigenschaften und ein effektiveres Lenkverhalten.
Falls notwendig, ermöglicht diese Anpassung auch kleinere Optimierungen, um Ungleichheiten der Radaufhängungsbuchsen zu korrigieren, die in der Produktion oder durch tolerierten Verschleiß verursacht wurden. Sollte eine Anpassung erforderlich sein, lohnt es sich, daran zu denken, die Spurstangen gleichmäßig einzustellen. Allerdings gibt es eine wichtige Ausnahme, wenn die Neupositionierung eines falsch ausgerichteten Lenkrads erforderlich ist, indem eine Spurstange geringfügig mehr als die andere verstellt wird.
Die Gewährleistung einer präzisen Ausrichtung der Lenkgeometrie ist entscheidend für die Verlängerung der Lebensdauer von Reifen und die Gewährleistung der Fahrzeugstabilität. Nicht nur beim Austausch von abgenutzten Reifen und Lenk- oder Radaufhängungskomponenten ist eine regelmäßige Überprüfung der Lenkgeometrie empfehlenswert. Es sollten auch Überprüfungen durchgeführt werden, wenn zur Erleichterung von Getriebe- oder Kupplungsreparaturen eine Demontage des Fahrschemels nötig ist.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass auch die Hinterradgeometrie die Lenkstabilität beeinflussen kann. Es ist möglich, dass die Winkel der vorderen Lenkgeometrie korrekt ausgerichtet sind und das Fahrzeug dennoch einen seitlichen Drall hat oder ungewöhnliche Reifenverschleißmuster aufweist. Unter diesen Umständen muss bei einem Fahrzeug mit ungewöhnlichem Reifenverschleiß oder Stabilitätsproblemen ebenfalls unbedingt die Hinterradgeometrie berücksichtigt werden.
Autodata verfügt über ein spezielles Radeinstelldaten-Modul, das Mechaniker bei der Radeinstellung unterstützt und Werkstätten eine zusätzliche Einnahmequelle bietet. zu dem Modul gehört ein umfassender Leitfaden, der Informationen zu Themen wie Sturzwinkel, Fahrhöhe, Reifen und Einstellverfahren sowie herstellerspezifische Daten bereithält.